Opel Omega A 2.4 i

 

Vergleichstest Opel Omega A 2.4i (C24NE) CD gegen Audi 100 2.3 E, Toyota Camry GXi V6 und Volvo 740 GLT 16V, erschienen in der AutoZeitung 26.05.1989

Führungswechsel

Das Quartett ist in mehrfacher Hinsicht gut gemixt: beispielsweise in Sachen Staatsangehörigkeit: zwei Deutsche, ein Japaner und ein Schwede streiten um Sieg und Platz. Auch die technische Vielfalt ist ausgesprochen bunt: Vorderradantrieb (Audi, Toyota), Hinterradantrieb (Opel, Volvo), Quermotor (Toyota) gegen Längsmotor (Opel, Audi, Volvo), Vierzylinder (Opel, Volvo), Fünfzylinder (Audi) und V-Sechszylinder (Toyota), Zweiventiltechnik (Opel, Audi), Vierventiltechnik (Toyota, Volvo) und schließlich auch noch Starrachse (Volvo, Audi) gegen Einzelradaufhängung (Opel, Toyota) - bunter geht es kaum.

"Aber äußerlich werden unsere Autos immer uniformer" ist ein häufig geäußerter Vorwurf von Individualisten. Doch diese Gruppe läßt davon recht wenig erkennen. Selbst die Aerodynamikwunder Audi 100 und Opel Omega sind kaum zu verwechseln, erst recht nicht das nüchterne Küchenmöbel-Design des Toyota Camry oder gar das markante Faustkeil-Barock des Nordländers. Bunte Vielfalt also auch hier.

Was aber nun macht die Autos vergleichbar? Alle zwölf Teilnehmer am Europapokal, also auch diese vier, passen in ein Vorgabe-Schema: es sind viertürige Limousinen der oberen Mittelklasse, sie liegen im Preis so um die 40.000 Mark, sie verfügen über einen geregelten Drei-Wege-Kat, über Servolenkung, Fünfganggetriebe und (serienmäßig oder gegen Aufpreis) über ein Anti-Blockiersystem.

Szenenwechsel. Noch liegt Köln und Deutschlands Westen im strahlenden Sonnenschein. Doch schon für den nächsten Tag verkündet der Wetterfrosch ausgiebige Regentiefs von den britischen Inseln. Prompt bläst der Fotograf zum Abmarsch in freundlichere Regionen, er möchte sich seine Motive und Objektive nicht schon wieder verregnen lassen. Zu derartigen Dienstfahrten muß kaum ein Tester zweimal gebeten werden: große, starke, komfortable Autos in südliche Regionen zu bewegen - wer überlegt da noch lange?

Noch brennt die Sonne vom strahlenden Himmel, da werden fast gleichlautende Klagen vm Audi- und vom Omega-Fahrer laut: "Trotz weit geöffneter Lüftungsgitter sitzen wir hinter den Fensterflächen wie im Treibhaus. Macht man die Fenster oder das Schiebedach auf, wird's auf den schnellen Autobahnetappen viel zu laut im Innenraum, schließt man alle Luken, wird man im eigenen Saft gegart."

Der Volvo-Pilot kann solche Klagen nicht verstehen. Trotz des Nachteils der schwarzen Lackierung stellt sich dieser kantigen Karosserieform das Problem des Aufheizens nicht. Und der Camry-Chauffeur kann sich endlich für den Vorwurf des "Küchenmöbel-Designs" rächen: "Das habt ihr nun von eurem fortschrittlichen Aerodynamik-Stil."

Doch die Retourkutsche läßt nicht lange auf sich warten. Kaum mehr als 300 Kilometer sind wir über die Rheintal-Autobahn nach Süden gedüst, da macht Camry-Kutscher Manfred Daun dramatische Trink- und Schluckbewegungen mit Fingerzeig aufs nächste Tankstellenschild. Was ist los? Hat er Durst? Kann eigentlich nicht sein, er hat doch vorher reichlich Cola gebunkert. Braucht der Camry Sprit? Kann eigentlich auch nicht sein. Wir haben doch alle in Köln vollgetankt!

Vergleichstest Opel Omega A 2.4i (C24NE) GLS gegen Ford Scorpio 2.4i CL, erschienen in mot 06.07.1990

Goldene Mitte

Wem zwei Liter Hubraum zu wenig und drei Liter zuviel ist, der kann den Ford Scorpio und den Opel Omega auch mit 2,4 Liter bekommen. Welcher Wagen der goldenen Mitte glänzt stärker?

Zwei Liter Hubraum werden im Normalfall auf vier Zylinder verteilt, drei Liter haben meist nur Sechszylinder. Die Erzrivalen Ford und Opel gehen in der Mitte getrennte Wege. Ford setzt beim Scorpio 2.4i auf einen V-Sechszylinder, dem Omega genügen Vier in Reihe.

Nur 275 Mark beträgt laut Liste der Preisvorteil für den Ford Scorpio 2.4i CL gegenüber seinem Konkurrenten Opel Omega 2.4i GLS. Doch aufgrund der umfangreicheren Ausstattung hat der Ford-Kunde einen Vorteil von fast 3.000 Mark, 1.900 Mark davon für das beim Ford serienmäßige Antiblockier-System. Vom Preisvorteil abzuziehen sind Extras am Opel wie Warnton für Licht-an, beheizte Scheibenwascherdüsen und Lendenwirbelstützen an den Sitzen; beim Ford sind Lordosenstützen nicht erhältlich. Nicht nur deshalb machen die Opel-Sitze insgesamt einen besseren Eindruck. Die straffere Polsterung zusammen mit der etwas besseren Schenkelauflage verschafft dem Omega hier Vorteile, zumal auch mehr Seitenhalt geboten wird.

Unterschiede zeigen sich auch bei der Sitzhöhenverstellung. Das Opel-System ist etwas handlicher zu betätigen. Für die Vornsitzenden gibt es höhenverstellbare Gurtanlenkpunkte. Beim Scorpio wurde diese Möglichkeit anscheinend nachträglich angebracht: ein aufgesetztes Kästchen bedroht bei seitlichem Anprall und weit zurückgeschobenem Sitz die Schläfen. Auch bei den Kopfstützen gingen die Rüsselsheimer den vorteilhafteren Weg.

Zwar sind in beiden Probanden die Kopfstützen weit genug in der Höhe zu verstellen, doch die Rahmenkopfstützen des Opel gewähren den Hintensitzenden Durchblick. Dafür läßt sich beim Ford das Lenkrad genauer auf die Fahrerwünsche einstellen, es ist in Höhe und Entfernung regulierbar. Die Lenkradhöhenverstellung im Omega kostet zudem 400 Mark Aufpreis.

Das Platzangebot vorn unterscheidet die Kandidaten nicht wesentlich voneinander. Auch der Einstieg nach hinten gelingt gleich gut. Die hinten weicheren Sitze des Kölners bieten dort etwas mehr Platz für drei. Knie- und Kopffreiheit sind beim Ford etwas größer. Er hat serienmäßig integrierte und verstellbare Kopfstützen im Fond. Beim Opel werden dafür rund 260 Mark Aufpreis verlangt.

In beiden Wagen lassen sich die Rücksitzlehnen mit einfachen Handgriffen flachmachen, auch geteilt. Im Omega erfreut zusätzlich die Möglichkeit, dank der Ski-Durchlade in der hinteren Mittelarmlehne lange Gegenstände ohne Dachgepäckträger mitführen zu können. Beide Laderäume sind dank niedrig liegender Ladekanten einfach zu beschicken. Der Deckel des Omega öffnet indes etwas weiter.

Der Scorpio-Gepäckraum wirkt riesig groß, bietet aber laut VDA-Norm mit seinen 490 Litern Volumen 50 Liter weniger als der Omega. Die Durchreiche ist im Ford größer und beim Opel durch einen Rahmen etwas eingeschränkt. Dieser Rahmen scheint aber der Karosseriestabilität zu dienen, denn der Omega knistert auf Bodenwellen deutlich weniger in den Türfugen.

Beide Karosserien sind ähnlich unübersichtlich. Nur ganz Große können den Heckabschluß beim Rangieren kontrollieren. Die Flach heruntergezogenen Schnauzen sind nur mit Gefühl dicht an den Vordermann heranzubringen, der Aerodynamik wurde hier Tribut gezollt. Die stark geneigte A-Säule im Ford sowie die etwas breitere C-Säule mit kleinem Fensterchen schränken die Sicht nach schräg hinten und das Raumgefühl etwas ein.

Auch am Armaturenbrett sind nur kleine Unterschiede auszumachen. So sitzt beim Opel der Warnblinkschalter auch für den Beifahrer besser erreichbar in der Mitte. Beide Wagen bieten genügend Ablagemöglichkeiten, sogar für den großen Straßenatlas.

Unpraktisch ist beim Scorpio die Betätigung des Tankverschlusses. Was beim Omega in die Zentralverriegelung integriert ist, verlangt beim Ford nach dem Schlüssel. Die Scheibenwischer des Kölners lassen sich abklappen, was Wechsel und Scheibenreinigung erleichtert. Beim Opel bleiben die Wischer dagegen leider an der hinteren Haubenkante hängen.

Der Rüsselsheimer wirkte im Detail besser verarbeitet, ist im Armaturenbrettbereich nicht so plastifiziert und mit freundlicheren Materialien ausgestattet. Weiterer Nachteil des Scorpio: der Tacho zeigt deutlich zu viel an.

Weder beim Ford noch bei Opel stecken unter der vorderen Haube die neuesten Errungenschaften der Antriebstechnik. Der V-Sechszylinder des Scorpio ist wie der Reihenvierzylinder des Omega ein alter Bekannter. Beide leisten 125 PS. Beim Opel liegen sie allerdings bereits 1000 U/min früher an, nämlich bei 4800 U/min. Zusätzlich ins Motorenprogramm kommt bei Opel ab Ende August ein 2.6i-Sechszylinder mit 150 PS, der Dreiliter-Zweiventiler wird dafür bei der Limousine wegfallen. Beim Drehmoment hat der Vierzylinder die Nase vorn. 195 Nm stehen zwischen 2400 und 2600 U/min bereit, beim Scorpio sind es nur 182 Nm bei 3500 U/min. Das Beschleunigungsduell bei stehendem Start ist bis 140 km/h fast ausgeglichen, mit kleinen Vorteilen für den Scorpio. Über 140 km/h erreicht der Opel die jeweilige Marke ein wenig früher.

Ähnlich sieht es bei der Elastizitätsmessung aus. Auch hier kann sich der Ford nicht nennenswert von seinem Verfolger absetzen, besonders nicht im fünften Gang. Im vierten Gang zieht der Scorpio dann aber doch eine Spur besser. Das auf dem Papier höhere und früher bereitstehende Drehmoment nützt dem Omega in diesem Fall nichts. Der Beschleunigungsnachteil ist für die Fahrpraxis vernachlässigenswert.

Zur Höchstgeschwindigkeit: beim Kölner werden 190 km/h versprochen, beim Rüsselsheimer 10 km/h mehr: 200. Beide Wagen übertrafen im Test die Werksangaben. Der Scorpio rannte gestoppte 197, beim Omega wurden es 205 km/h. Weitreichende Bedeutung für die Praxis haben diese Unterschiede nicht.

Ergeben sich vielleicht beim Benzinkonsum klarere Fronten? Vom Sechszylinder ist im Vergleich zum Vierzylinder nicht allzuviel zu erwarten. Die DIN-Werte sprechen für den Opel. Beim Drittelmix liegt der Scorpio um 1 Liter/100 km schlechter (10,3 gegenüber 9,3 Liter/100 km). Beide Wagen brauchen bleifreies Superbenzin. Im Test waren die Unterschiede dann nicht so deutlich. Ganze 0,2 Liter/100 km war der Opel nach rund 3000 Testkilometern sparsamer. Auf Teilstrecken ließ sich der Omega um rund 0,5 Liter/100 km sparsamer bewegen.

Beide Fahrzeuge sind aber gute Futterverwerter. Locker unterbieten sie bei zurückhaltender Fahrweise die 10-Liter-Grenze.

Ganz dicht beieinander liegen die beiden Konkurrenten in puncto Bedienbarkeit der Schaltung. Beide Schalthebel liegen gut zur Hand, Gangwechsel bereiten wenig Mühe. Der Omega läßt sich aber einen Hauch präziser und leichtgängiger schalten. Die Getriebe lassen keine übergroßen Lücken erkennen, die Abstufung ist in beiden Fällen gelungen.

Wer vom Sechszylinder Vorteile in Sachen Laufkultur und Laufruhe erwartet, wird enttäuscht. Schon beim Losfahren wirkt der Ford-Motor rauh. Er produziert auch eine gute Portion Vibrationen. Wer die Gänge ausdreht, kommt ab 4500 u/min in einen Bereich, wo der Motor nur mit melasseähnlicher Trägheit weiterdreht. Die Geräuschentwicklung wird dann zunehmend kernig und klingt ein wenig nach Porsche.

Der Reihenvierzylinder des Opel ist besser gedämpft. Zum einen benötigt der Motor nicht so hohe Drehzahlen. Andererseits arbeitet er hörbar leiser und wirkt im oberen Drehzahlbereich nicht so zugeschnürt. Beide Triebwerke werden morgens nach dem Kaltstart gleich schnell munter. Heiße Motoren verlangen mehr Anlasserarbeit, sie wollen etwas georgelt werden.

Zunächst die Parallelen: beide Wagen haben Hinterradantrieb, beide haben etwa das gleiche Leergewicht und die gleiche Gewichtsverteilung auf Vorder- und Hinterachse. Antriebseinflüsse machen sich kaum bemerkbar. Beide Testwagen überzeugten mit guter Traktion. Im folgenden die Unterschiede: der Scorpio zeigte sich straff gedämpft mit einer nicht zu weichen, komfortablen Federung.

Kurze Unebenheiten wurden leicht polternd mit trockenen Stößen quittiert. Lange Bodenwellen schluckt das Fahrwerk gut, doch dann kann etwas Unruhe ins Fahrzeug kommen. Der Omega erweist sich als noch etwas straffer gedämpft und gefedert. Auch er verdaut lange Bodenwellen sehr gut und schaukelt sich beim Befahren solcher Unebenheiten nicht auf. Kurze Bodenwellen machen ihm etwas weniger zu schaffen als dem Scorpio.

Auch gegenüber Seitenwind zeigt sich der Opel unempfindlicher. Sein Geradeauslauf ist merklich besser. In schnell gefahrenen Kurven drängt der Ford über die Vorderräder zum Kurvenaußenrand. Im Grenzbereich neigt er zu heftigen Lastwechselreaktionen. Dann drängt das Heck mit Macht nach außen. Der Opel bleibt viel länger neutral. Er zeigt sich untersteuernd, wenn auch nicht im gleichen Maße wie sein Testgegner. Die Lastwechselreaktionen fallen deutlich geringer aus.

Korrekturen sind beim Omega besser auszuführen: zwar gibt es an seinem Volant nicht so viel Servounterstützung wie im Scorpio, doch das dient der Lenkpräzision. Die Opel-Lenkung ist straff ausgelegt, arbeitet exakt und vermittelt auch bei hohen Tempi guten Kontakt zur Fahrbahn.

Die intensive Servounterstützung im Scorpio bringt zwar beim Rangieren Vorteile in Sachen Kraftaufwand, doch fehlt es um die Mittellage an Präzision. Der Kontakt zur Fahrbahn läßt bald nach, die Lenkung reagiert zu nervös. Als Pluspunkt wurde bereits vermerkt, daß der Scorpio serienmäßig ABS-Bremsen besitzt.

Das bei Ford verwendete Regelsystem neigt allerdings zu kurzzeitigem Blockieren und konnte daher nicht vollständig überzeugen. Gut war jedoch der deutlich zu spürende Druckpunkt am Bremspedal. Die Wirkung beider Bremsen, im Ford wie im Opel, gefiel durch Standfestigkeit. Der Druckpunkt im Opel war aber weniger gut ertastbar, auch die Bedienkräfte lagen höher. Beide Wagen verhielten sich bei Bremsungen aus hohem Tempo spurstabil.

Während der Testfahrten war das Wetter glücklicherweise so, daß anstelle der Heizung mehr die Lüftung ausprobiert werden konnte. Der Opel hat fünf Lüfterstufen, der Ford nur drei. Doch getrennt für Fahrer und Beifahrer sind beide Anlagen nicht zu regulieren. Die mittleren Lüftungsdüsen sitzen beim Ford etwas zu tief, so daß der Luftstrom nicht zum Lenkrad geleitet werden kann. Auch die Menge der Luftzufuhr ist hier nicht so feinfühlig zu dosieren.

Der Ford ist nicht nur bei den Motorgeräuschen lauter als der Opel. Der Omega scheint im Windkanal den etwas feineren Schliff mitbekommen zu haben, denn er produziert deutlich weniger Windgeräusche. Genau dieser Eindruck eines feineren Schliffs zieht sich beim Vergleich Scorpio gegen Omega wie ein roter Faden durch den Test und macht den Rüsselsheimer schließlich zum Sieger.