Opel Senator B 3.0i 24V

erschienen in der Auto Zeitung vom 27.10.1989

Senatsmehrheit

Die Rüsselsheimer wollen den zähen Verkauf ihres Topmodells Senator ankurbeln. Rezept: mehr Ventile, mehr Leistung, mehr Ausstattung.

Opel hat schon länger ein Problem, jetzt bekommt die Konkurrenz zunehmend auch Probleme mit Opel. Problem Nummer eins ist mit einem Wort umschrieben: Image.

Für die Konkurrenten ist die Sache komplizierter: Imagemängel hin oder her, die Opel-Autos werden immer besser. Wie, bitte schön, erklärt ein Porsche-Händler seinem frustrierten High-speed-Kunden, der einen 944 S2 für DM 80.000,-- erstanden hat, daß diese Rüsselsheimer Komfort-Kutsche mit der Aufschrift Senator grob gerechnet genauso schnell, doppelt so groß, aber nur halb so teuer ist.

Und daß sich diese Limousine so sicher fahren läßt, wie ein moderner Sportwagen?

Aber so sind nun einmal die Fakten. Der Senator mit dem neuen 24-Ventil-Motor und 204 PS kostet DM 47.550,--, ist 240 km/h schnell - und das alles unspektakulär. Die Limousinen-Form im neuzeitlichen Look mit flacher Schnauze, schräger Scheibe und hohem Heck ist bekannt und auch durch Neuerungen - dezenter Heckspoiler und Trend-Doppelauspuff - nicht auffälliger geworden. Die neuen Alu-Räder (DM 1.530,-- Aufpreis) sind wirklich schön.

Das Interieur weniger: Hier dominiert grauer Kunststoff. Im modernen, edlen Weichmacher-Design, aber eben Kunststoff. Und das Velours auf den Sitzen sieht zwar fein aus, ist aber ziemlich schweißtreibend. Die Holzleisten an den Türen machen aus dem geräumigen, gut verarbeiteten Auto-Innenraum noch kein Erste-Klasse-Abteil. Da muß der Kunde zum DM 13.000,-- teureren Senator CD greifen: Holz und Nobel-Ambiente satt.

Schon der normale Senator ist ein gut ausgestattetes Auto. Servolenkung (leichtgängig, aber nicht gefühllos), ABS, Zentralverriegelung und getönte Scheiben sind ebenso serienmäßig wie Kopfstützen hinten oder umklappbare Rücksitzbank.

Der Abrollkomfort ist gut, abgesehen von kurzen Stößen bei langsamer Fahrt, das Fahrverhalten ohne Tadel.

Das Sahnestück steckt unter der aerodynamisch schrägen Haube: Aus dem Grauguß-Sechszylinder, der seit Jahr und Tag da hockte, ist nicht nur ein ansehnlicher, sondern auch ein kultivierter Motor geworden. Keine Vierventil-Unarten, wie mechanische Geräusche oder Drehmomentschwäche bei niedrigen Drehzahlen, sondern Kraft aus dem Keller bis über 6.000 Umdrehungen.

Bleibt nur der Zweifel, ob Opel damit den Sprung zum Image der sportlichen Reiselimousinen schafft - ein Problem.