Vorstellung Opel Rekord C

erschienen in der Auto Motor Sport vom 03.09.1966

Rückstand aufgeholt

Kein Bauteil aus der Kutschenzeit hat sich so lange im Auto gehalten wie die Blattfeder.

Sie war noch bis vor kurzem das meistverwendete Federelement und verlor ihre Vormachtstellung erst, als General Motors, die größte Automobilfabrik der Welt, auf Schraubenfedern an der Hinterachse überging.

Diesen Schritt hat Opel nun beim Rekord nachvollzogen. Die im Prinzip unveränderte starre Achse ist - wie es auch Alfa Romeo, Volvo, Simca und Fiat schon praktizieren - an einem Längs- und Quergestänge aufgehängt.

Von größerer Bedeutung für das Opel-Geschäft werden aber die neuen Karosserien sein. Im "Bäumchen-Bäumchen-wechsle-Dich-Spiel" zwischen Opel und Ford ist in der Rekord- / 17m-Klasse in diesem Jahr Opel wieder dran, bei den kleineren Typen Ford.

Der Rekord hatte im vorigen Jahr zwar neue Motoren und ein neues Gesicht erhalten, aber diese Änderungen konnten ihn gegenüber dem 17m / 20m noch nicht so weit nach vorn bringen, wie es Opel gerne wollte.

Also wurde noch einmal in die Tasche gegriffen und ein neues Styling präsentiert.

Mit neuer Karosserie, neuem Motor und geänderter Hinterachse hat der neue Rekord nur noch wenig mit seinem Vorgänger von vor zwei Jahren gemeinsam.

Damals lag Opel technisch gegenüber der Konkurrenz im Rückstand: der Motor war eine dreißig Jahre alte Konstruktion, und auch das Fahrwerk entsprach im Prinzip den Vorkriegsmodellen. Der 1965 herausgebrachte Motor mit hochgelegter Nockenwelle und die jetzt in Serie gehende Hinterachsaufhängung haben diesen Rückstand beseitigt.

Die Karosserieform ist bei Opel und Ford ein reines Verkaufsargument. Ob man sie schön findet oder nicht, spielt erst in zweiter Linie eine Rolle - Hauptsache, sie verkauft sich gut. Opel hat beim neuen Rekord den Buckel über den Hinterrädern übernommen, der von der amerikanischen Schwesterfirma Pontiac in Mode gebracht wurde und seit einem Jahr schon im Kadett zu finden ist. Diese Form habe viel Anklang gefunden, behauptet man bei Opel, und damit ist jedes ästhetische Argument in die Flucht geschlagen. Glatt durchgeführte Seitenteile wären stilistisch zweifellos klarer. Damit wäre der Opel allerdings dem Ford 17m / 20m sehr ähnlich geworden, und das wollte man wohl auch vermeiden. Die Einbeziehung der Stoßstangen in die Seitenteile erinnert sehr stark an den Ford.

Die Coupé-Ausführung ist als pfostenloses Hardtop gestaltet und entspricht in der Ausstattung dem Rekord L.

Mittelschaltung und Liegesitze sind serienmäßig.

Der Form zuliebe hat Opel auch darauf verzichtet, den Raum zwischen den Achsen nach vorn hin voll für die Insassen auszunutzen. Autos mit langer Motorhaube und kurzem Heck sehen gut aus, und die Proportionen des neuen Rekord nähern sich diesem Ideal mehr an als die seines Vorgängers.

Der Innenraum rückte nach hinten und der Kofferraum - bei Opel nahezu ein Heiligtum - wurde sogar etwas verkleinert. Im Innenraum strebte man durch Rundinstrumente und schlichteren Ausstattungsstil einen mehr europäisch-sportlichen Gesamteindruck an als bisher.

Die Sitze wurden verbessert, die Kapazität der Heizung und Belüftung erhöht und eine Dachentlüftung eingebaut.

Das Coupé erhielt nach dem schon beim Kadett erprobten Rezept nicht nur ein anderes Dach, sondern auch eine in das Dach fließend übergehende hintere Haube.

Die Vierzylindermotoren von 1,5, 1,7 und 1,9 Liter wurden beibehalten, für den 1,5-Liter werden jetzt nur noch 58  statt bisher 60 PS angegeben, neu hinzu kamen ein "zahmer" 1,7-Liter mit 60 PS und ein aus der Kapitän-Maschine entwickelter Sechszylinder von 2,2-Liter Hubraum, der mit nur 95 PS betont auf niedrige Literleistung und niedrige Drehzahl ausgelegt wurde.

Das automatische Getriebe ist nur mit diesem Motor und dem 1,9-Liter Vierzylinder lieferbar. Gerüchte, wonach die Sechszylinder-Ausführung "Commodore" heißen sollte, haben sich nicht bestätigt. Das gesamte Programm läuft unter der Bezeichnung "Rekord". Das Wort "Olympia" wurde zu den Akten gelegt.

Sinn der neuen Hinterachsaufhängung ist es, die Aufgaben von Radführung und Radfederung zu trennen. Während bei der Aufhängung an Längsblattfedern unkontrollierbare Bewegungen der Achse möglich waren, werden durch die Längs- und Quergestänge der neuen Aufhängung alle beim Ein- und Ausfedern auftretenden Bewegungen exakt geführt. Dadurch ist auch mehr Freiheit in der Auslegung von Federung und Dämpfung gegeben.

Die Federung wurde weicher gemacht, so daß de neue Rekord vraussichtlich mehr Federungskomfort zu bieten hat als sein Vorgänger. Wieviel mehr, werden die Probefahrten auf dem Prüffeld Dudenhofen zeigen, über die wir demnächst berichten.